Modelle der Talententwicklung
Damit Menschen ihre individuellen Potenziale in Leistungen umsetzen können, braucht es ein umfangreiches Verständnis darüber, in welchen psychologischen Merkmalen sich diese Potenziale äußern und wie sich daraus Talente entwickeln. Im Rahmen der International Research Collaborative for the Psychology of Talent Development (ICPT) haben wir ein integratives Rahmenmodell entwickelt, das verschiedene Phasen in der Talententwicklung unterscheidet, Prädiktoren und Indikatoren gelungener Entwicklungsprozesse für verschiedene Leistungsdomänen beschreibt und somit empirisch prüfbar ist. Neben der Weiterentwicklung dieses Rahmenmodells und der Anwendung auf weitere Domänen, erarbeiten wir Wege, wie dieses Modell in der psychologischen und pädagogischen Praxis eingesetzt werden kann, um auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis die individuelle Talententwicklung bestmöglich zu fördern.
- Preckel, F., Golle, J., Grabner, R.H., Jarvin, L., Kozbelt, A., Müllensiefen, D., Olszewski-Kubilius, P., Subotnik, R., Schneider, W., Vock, M., & Worrell, F.C. (2020). Talent Development in Achievement Domains: A Psychological Framework for Within and Cross-Domain Research. Perspectives on Psychological Science, 15(3), 691-722. https://doi.org/10.1177/1745691619895030
- Meier, M.A., Vogel, S.E., & Grabner, R.H. (2021). Going beyond intelligence: A systematic investigation of cognitive abilities and personality traits of experts in mathematics. Journal of Expertise, 4(1), 80-115. https://www.journalofexpertise.org/articles/volume4_issue1/JoE_4_1_Meier_etal.pdf
Mathematische Kreativität
Kreativität wird als Schlüsselkompetenz für den Erfolg im 21. Jahrhundert identifiziert. Wenn man jedoch an Kreativität denkt, werden die wenigsten damit Mathematik in Verbindung bringen. Dem entgegengesetzt ist Mathematik jedoch sehr wohl ein Bereich in dem Kreativität eine wichtige Rolle einnimmt, auch wenn wir noch sehr wenig über die zugrundeliegenden Prinzipien sowie über Faktoren, die zu individuellen Unterschieden beitragen, wissen. Unsere Forschung zielt darauf ab mathematische Kreativität von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. Dieses kann darüber Aufschluss geben, warum bestimmte Personen ein unterschiedliches Maß an mathematischer Kreativität zeigen sowie zu einem differenzierteren Verständnis dieses Konzepts führen. Dies kann ebenso Implikationen für die Bildung auzeigen.
- Meier, M. A., Ehrengruber, A., Spitzley, L., Eller, N., Reiterer, C., Rieger, M., Skerbinz, H., Teuschel, F., Wiemer, M., Vogel, S. E., & Grabner, R. H. (09/2023). The prediction of mathematical creativity scores: Mathematical abilities, personality and creative self-beliefs. (under review in Learning and Individual Differences)
- Meier, M. A., Burgstaller, J. A., Benedek, M., Vogel, S. E., & Grabner, R. H. (2021). Mathematical creativity in adults: Its measurement and its relation to intelligence, mathematical competence and general creativity. Journal of Intelligence, 9(1), 10. https://doi.org/10.3390/jintelligence9010010
Expertise in Mathematik
Ein beträchtlicher Teil des wissenschaftlichen Fortschritts in der Geschichte ist Menschen mit hoher mathematischer Kompetenz zu verdanken. Und auch wenn es darum geht, Lösungen für aktuelle Probleme wie Klimawandel und mangelnde Energiesicherheit zu finden, werden Experten in Mathematik eine wichtige Rolle spielen. Dennoch wissen wir sehr wenig darüber, was Menschen mit hoher mathematischer Expertise auszeichnet und wie man überhaupt zu einem Experten wird. Sind es spezifische mathematische Fähigkeiten oder eher hohe allgemeine kognitive Fähigkeiten gepaart mit Interesse an Mathematik? Dieser Frage gehen wir mit verhaltensbasierten und neurokognitiven Messmethoden nach. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen nicht nur das Konzept der mathematische Expertise besser zu verstehen, sondern können auch zur Förderung und Erreichung dieser eingesetzt werden.
- Meier, M. A., Gross, F., Vogel, S. E., & Grabner, R. H. (2023). Mathematical expertise: The role of domain-specific knowledge for memory and creativity. Scientific Reports, 13, 12500. https://doi.org/10.1038/s41598-023-39309-w
- Meier, M. A., Vogel, S. E., & Grabner, R. H. (2021). Going beyond intelligence: a systematic investigation of cognitive abilities and personality traits of experts in mathematics. Journal of Expertise, 4(1), 80-115.
Expertise in Schach
Die psychologische Forschung an Expertinnen und Experten hat in den letzten Jahrzehnten maßgeblich zu einem besseren Verständnis darüber beigetragen, welche psychologischen Faktoren für das Erreichen von Höchstleistungen erforderlich sind. Noch nicht vollständig geklärt ist bislang, welche Relevanz diese Faktoren in verschiedenen Entwicklungsphasen haben und wie diese dynamisch zusammenspielen. Wir gehen diesen Fragen in der klassischen Expertisedomäne Schach nach, da diese Domäne kognitiv höchst anspruchsvoll ist und der individuelle Entwicklungsverlauf sehr gut beobachtet werden kann. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen nicht nur in aktuelle psychologische Modelle der Talententwicklung ein, sondern können auch die Entdeckung von talentierten Kindern und Jugendlichen sowie Maßnahmen zur Förderung ihrer Entwicklung verbessern.
- Vaci, N., Edelsbrunner, P., Stern, E., Neubauer, A., Bilalic, M., & Grabner, R.H. (2019). The joint influence of intelligence and practice and skill development throughout the lifespan. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), 116(37), 18363-18369. https://doi.org/10.1073/pnas.1819086116
- Grabner, R.H. (2014). The role of intelligence for performance in the prototypical expertise domain of chess. Intelligence, 45, 26-33. https://doi.org/10.1016/j.intell.2013.07.023
- Grabner, R. H., Neubauer, A. C., & Stern, E. (2006). Superior performance and neural efficiency: The impact of intelligence and expertise. Brain Research Bulletin, 69(4), 422-439. https://doi.org/10.1016/j.brainresbull.2006.02.009
Frühe Erfassung mathematischer Begabungen und Kompetenzen
Kinder mit besonderen Lernbedürfnissen in Mathematik (d. h. Lernschwierigkeiten) werden oft viel zu spät erkannt: oft erst nach wiederholten Misserfolgen in der Klasse. Dieses Paradigma des "Wartens bis zum Versagen" kann schwerwiegende Folgen für das Wohlbefinden des Einzelnen und seine berufliche Laufbahn haben. In unserem Labor entwickeln wir wissenschaftliche Instrumente, die Lehrern helfen, Vorschulkinder und Erstklässler zu erkennen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie Lernschwierigkeiten in Mathematik entwickeln. Die frühzeitige Erkennung dieser Schwierigkeiten verschiebt die Intervention in ein optimales Zeitfenster, in dem das menschliche Gehirn am plastischsten ist und sich am besten anpassen kann. Die Ergebnisse dieser Forschung tragen dazu bei, die emotionale Belastung von Menschen mit Lernschwierigkeiten und ihr künftiges Risiko der Arbeitslosigkeit zu verringern.
- Bauer, M. (2023). Digital Numeracy Assessment – a new digital tool for measuring numerical abilities in elementary school children [Unpublished Master’s thesis]. University of Graz.